#1 Allgemein » Danke » 25.09.2016 22:51:47

Stoll P.
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Danke, dass Sie zur grossen Stimmbeteiligung beigetragen haben.

#2 Allgemein » Das Pro-Komitee » 20.09.2016 17:29:36

Stoll P.
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Bei eidgenössischen Abstimmungsbroschüren steht üblicherweise der Empfehlung des Bundesrates die Empfehlung der Gegenseite gegenüber: Eins zu Eins.

Befürchten die Gemeinderäte eine Ablehnung?

Schon die Botschaft zur Urnenabstimmung enthält die Empfehlung der Gemeinderäte zur Annahme des Zusammenschlussvertrages. Mit der Begründung einer ausgeglichenen Gewichtung der Standpunkte musste in letzter Minute ein Pro-Komitee aus dem Boden gestampft werden, das sich weder vorher noch nachher bemerkbar gemacht hat. Der so verdoppelten Empfehlung zur Annahme verleiht die ausführliche Auflistung von Personennamen des Pro-Komitees den nötigen Nachdruck. Zwei zu Eins.

Trotzdem: Wir von der IG pro Scherz danken den Gemeinderäten für die Unterstützung, unsere Bedenken zur Fusion darzustellen.

#3 Allgemein » Blick über den eigenen Gartenhag: Kreisschule OS Schenkenbergertal » 20.09.2016 17:27:51

Stoll P.
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Eine Fusion betrifft nicht nur die beteiligten Gemeinden.

Die allfällige Fusion von Brugg und Schinznach-Bad gefährdet die Kreisschule Oberstufe Schenkenbergertal (Generalanzeiger vom 25.08.2016, S. 5 und 19). Die Scherzer Kinder, die Schinznach jetzt noch als Schule für die Oberstufe wählen können, könnten laut Schulleiterin Christa Jäggi das Zünglein an der Waage sein, das über den Fortbestand der Schule entscheidet.

Nach einem Zusammenschluss fällt die Wahl des Oberstufenschule für die Scherzer Kinder weg. Muss die Kreisschule Oberstufe Schenkenbergertal schliessen, gehen die Kinder von Thalheim dann allenfalls nach Brugg oder sogar Lauffohr zur Schule.

#4 Allgemein » Ist grösser auch besser? » 20.09.2016 17:22:47

Stoll P.
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Auszug aus dem Interview mit dem emeritierten Demokratie-Experten Wolf Linder, NZZ 9.5.2016 S. 11:

Wie können fusionierte Gemeinden erfolgreich Identität schaffen, bzw. wird in Fusionsdiskussionen nicht zu einseitig ökonomisch argumentiert?

Betriebswirtschaftliche Kriterien werden in der Tat oft überbewertet. Dass beispielsweise die Leistungsfähigkeit mit der Grösse zunimmt, mag für Unternehmen zutreffen. Auf Gemeinwesen lassen sich die «economies of scale» nur begrenzt und eine einzelne Leistung übertragen. Aber es gibt keine «optimale Grösse» für die Gesamtheit aller Leistungen. Und wie die Erfahrung lehrt, machen Fusionen die öffentlichen Einrichtungen zumeist nicht billiger. Finanzen sind wichtig, aber Gemeinden sind mehr als Ökonomie. Sie sind der identitätsstiftende Raum eines konstruktiven lokalen Zusammenlebens, der allen gehört, aber gerade darum abgegrenzt sein muss. Darin wird auch eine Vielfalt von nicht monetär abgegoltenen Dienstleistungen erbracht …

Auf Gemeindeebene haben Fusionen den Schritt von der Theorie zur Praxis gemacht. Wann wird das bei den Kantonen so weit sein?

Als ziemlich abwegig empfinde ich die Idee, die Schweiz in sechs Kantone gleicher Grösse aufzuteilen, um damit die Nachteile der ungleichen Grösse und Leistungsfähigkeit etwa zwischen Uri und Zürich zu überwinden. Sie entspricht der falschen Logik «Grösser ist besser». Würden wir diese konsequent anwenden, könnten wir uns gleich zu einem einzigen Kanton zusammenschliessen, doch dieser Kanton wäre dann trotzdem noch kleiner als Baden-Württemberg. Konsequenterweise müssten wir dann den Schluss ziehen, die Schweiz sei betriebswirtschaftlich einfach zu klein.

Was ist denn das relevante Kriterium?

Die Vielfalt. Sie erlaubt in einer Zeit vieler erzwungener und oft nur vermeintlicher Innovationen die Praktizierung von «trial and error», die die Spreu vom Weizen trennt, und sinnvolle Weiterentwicklungen der Institutionen. Um die Vielfalt eines Systems zu erhalten, braucht es Grenzen, Fehlerfreundlichkeit und Redundanz. Nicht zuletzt gewährt institutionelle Vielfalt den Einzelnen ganz unterschiedliche Lebensweisen, von den Bergdörfern bis in die urbanen Zentren.

Kommentar dazu:
Grösser ist nicht besser. Und dass die Verwaltung wie geplant billiger werden soll, dafür stehen die Chancen offenbar ziemlich schlecht. Es ist schwer verständlich, dass historisch gewachsenes politisches Kulturgut dem Zeitgeist eines einseitigen finanziellen Denken und Handeln geopfert werden soll.
Weshalb soll Scherz jetzt fusionieren? Weil es uns in Scherz jetzt noch gut geht (Gemeindeamman Hans Vogel immer wieder mal).

#5 Allgemein » Die grosszügige Haltung des stärkeren Partners? » 09.09.2016 16:12:04

Stoll P.
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Die grosszügige Haltung des stärkeren Partners sei die zweite Bedingung für das Gelingen einer Gemeindefusion; so Hans Vogel im Generalanzeiger Nr. 36 vom 8. September 2016. Diese Bedingung ist in unserem Fall wohl eher nicht zutreffend.

Ein Zusammenschluss ist ein Geben und Nehmen. Für beide Gemeinden entstehen Vorteile bei einem Zusammenschluss. Es bedeutet für Scherz allerdings auch Verzicht in verschiedenen Belangen. Über die Bewertung dieser Vor- und Nachteile gehen die Meinungen auseinander.

Worauf Scherz bei einer Fusion ganz sicher verzichtet: Namen und Wappen; Heimatort; Verwaltung im eigenen Dorf; Bezirksschulwahl; Entscheidungshoheit in eigenen Belangen.

Worauf verzichtet Lupfig?

Als Lupfigerin wäre mir der Zusammenschluss mit Scherz egal; es bliebe ja alles beim Alten. …

Ah, da fällt mir doch etwas ein, worauf ich verzichten müsste: Die seltene Gelegenheit, dass mein Wohnort einen witzigen Namen erhalten würde. Das hat der Lupfiger Gemeinderat leider als Vorbedingung für einen Zusammenschluss schon ausgeschlossen.

Wir von Scherz haben ein Riesenglück, dass Lupfig zu knapp an Schulraum ist. Wie hätte diesbezüglich der Zusammenschlussvertrag sonst ausgesehen? Wie geht es mit der Schule Scherz weiter, wenn Lupfig ein neues Schulhaus baut?

#6 Re: Allgemein » Verwirrung und Unsicherheit » 09.09.2016 15:37:24

Ein letztes Mal zu Gast in Scherz.
Der Ort war mit Bedacht gewählt worden, denn die politische Gemeinde Scherz gibt es ab 2018 nicht mehr, wenn die Fusion mit Lupfig am kommenden 25. September bestätigt wird. (Generalanzeiger Nr. 36 vom 8. September 2016)

Zumindest ein Fragezeichen wäre angebracht gewesen.

#7 Allgemein » Chapeau, Herr Vogel! » 13.06.2016 09:58:06

Stoll P.
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Rhetorisch brillant ist es Gemeindeamman Hans Vogel an der Gemeindeversammlung von 10. Juni 2016 gelungen, die düstersten Aussichten für Scherz bei einem Alleingang heraufzubeschwören. Man konnte förmlich spüren, wie ein Steuerfuss von 130% und die Schliessung der Schule sich im Saal materialisierten. Selbst den Gegnern blieben darob die Argumente im Halse stecken.

#8 Re: Allgemein » Schöne Worte Teil 2: Wappen und Namen / Mitarbeit der Bevölkerung » 09.06.2016 17:19:36

Das Winden von Politikern.

Die ganzen Äusserungen über Namen und Wappen ergeben für mich noch immer kein konsistentes Bild. Zu welchem Zeitpunkt war was schon entschieden bzw. wurde der Bevölkerung zum nächst möglichen Zeitpunkt alle Bedingungen offen dargelegt?

Am Infoabend vom 2. Juni 2016 in Scherz erwähnt Herr Vogel, dass dem Gemeinderat von Anfang an kommuniziert worden sei, dass Lupfig auf Namen und Wappen bestehe, um überhaupt einen Zusammenschluss in Erwägung zu ziehen. Schriftliche Belege gibt es für diese Äusserung an diesem Abend keine.

In der Umfrage im Sommer 2010 in Scherz für den Zusammenschluss: war da zu Lesen von der Vorbedingung Lupfigs, dass Name und Wappen Lupfig bleiben müssen?

An der Gemeindeversammlung vom 19. Juni 2014 über das Kreditbegehren für die Prüfung eines Zusammenschlusses: war da auf der Traktandenliste oder im Protokoll zu Lesen von der Vorbedingung Lupfigs, dass Name und Wappen Lupfig bleiben müssen?

Auf die direkte Frage meinerseits in diesem Forum, antworten die Herren Gemeindeammänner:

Herr Vogel: in diesem Forum am 27. März 2015: „Welchen Namen und welches Wappen wird diese neue Gemeinde haben? Das heisst auch: Welches ist die gemeinsame Identität der beiden Dörfer?“. Dann am 29.5.2016: „Tatsächlich wird die neue zusammengeschlossene politische Gemeinde den Namen und das Wappen der bisherigen Gemeinde Lupfig tragen. ... Dies haben die beiden Gemeinderäte von Scherz und Lupfig beschlossen. Das geht aus dem Schlussbericht der Arbeitsgruppen und dem Zusammenschlussvertrag hervor.“

Herr Plüss: in diesem Forum am 2.6.2016: „Es ist richtig, dass der Gemeinderat Lupfig in den Vordiskussionen, also vor den eigentlichen Workshop‘s gewisse Bedingungen stellte, um überhaupt in dieses Zusammenschlussvorhaben einzusteigen. Während den Workshop mussten wir aus Lupfiger Sicht nachdoppeln …“

Dazu passend: 10 Phasenreiniger des Dementi: https://www.youtube.com/watch?v=SqJkZiTjld4.

Dass bisher niemand einen schlüssigen Ablauf dargelegt hat, animiert zu Spekulationen.

#9 Allgemein » Der Mokassin des Nachbarn » 09.06.2016 17:05:29

Stoll P.
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"Oftmals ist in den Gesprächen festzustellen, dass sich die grossen Gemeinden kaum Gedanken darüber machten, welchen Eindruck eine Fusion in den kleineren Dörfern hervorrufen könnte. Versetzen sich die Vertreter der grossen Gemeinden hingegen gedanklich in die Situation der kleinen, fallen die Reaktionen deutlich aus. Der Gemeindepräsident einer mittelgrossen Gemeinde hat beispielsweise erklärt, an einen Anschluss an eine grössere Ortschaft habe er noch nie gedacht. Das wäre für ihn ein Worst - Case - Szenario, für das er nicht zu haben sei: „Da hätten wir ja gar nichts mehr zu sagen“.
https://www.ap-pahud.ch/wp-content/uploads/2015/04/Gemeindefusion-Surselva.pdf (Seite 44)

Das ist einer dieser Trouvaillen, die ich in meinem Post zur Identität erwähne.

Bevölkerung (google.ch)
Birr: 4‘065
Lupfig: 2‘080
Scherz: 617

#10 Re: Allgemein » Identität » 08.06.2016 11:51:04

Identität aus 'wissenschaftlicher' Sicht mit ein paar Zahlen

In diesem Forschungsprojekt aus dem Jahr 2009 wurden 99 fusionierte Gemeinden befragt. 55 haben geantwortet.
Drei Fragen und deren Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt:

http://www.htwchur.ch/fileadmin/user_upload/institute/ZVM/Bericht_Nachhaltige_Gemeindefusionen.pdf (Seite 6f und Seite 9f)

3. Identität
a.) Vorbemerkung
Der Begriff Identität ist im Fragebogen erklärt worden. Trotzdem muss berücksichtigt werden, dass er unterschiedlich verstanden worden ist. Es ist somit davon auszugehen, dass zumindest die quantitativen Ergebnisse eingeschränkte Aussagekraft besitzen.

(Fussnote: Kritiker von Gemeindefusionen bemängeln regelmässig den Verlust von Bürgernähe bzw. Identifikation mit der Gemeinde. Diese mehrheitlich soziologischen Argumente werden oft als weiche Faktoren bezeichnet. Im Zusammenhang mit Gemeindefusionen wird oft der Begriff der lokalen Identität verwendet. Bei „Identität“ geht es um „persönliche Ortsbindungen und ein ortsfestes Zusammengehörigkeitsgefühl“. Ortsbindungen sind messbar durch Wohndauer oder emotionale Elemente („fühle mich wohl hier“, „lebe gerne hier“ etc.). Typisch ist auch eine Selbstbezeichnung („ich bin aus dem Dorf X.“). Dadurch kommt zum Ausdruck, dass die Gemeinde als Heimat wahrgenommen wird, weil sie ans Herz gewachsen ist.)

Frage 2.1:
Für die Einwohner bedeutet eine Gemeindefusion auch Verlust der "Heimat" bzw. Identität.

16%   Ja, diese Aussage stimmt auch für unsere Gemeinde!
46%   Diese Aussage stimmt für unsere Gemeinde nur teilweise!
38%   Nein, diese Aussage stimmt nicht für unsere Gemeinde

Eine Gemeindefusion wird aus der Sicht der Gemeindepräsidenten der neuen Gemeinde mehrheitlich nicht (38 Prozent) oder nur teilweise (46 Prozent) als Verlust von Heimat bzw. Identität betrachtet (Abb. 6).

(Anmerkung P.S.: Auch hier ‚schöne Worte‘: Für 16 % bedeutet eine Gemeindefusion auch Verlust der "Heimat" bzw. Identität und für 46% mindestens teilweise)

Erwähnenswert ist die Aussage der (ablehnenden) Gemeinde Le Glèbe FR: „Wir wohnen weiterhin in einem Dorf und nicht in einer politischen Gemeinde!“ Für die Gemeinde Nesslau-Krummenau SG bedeutet fusionieren verändern und nicht festhalten. Interessant ist ebenfalls die Meinung der Gemeinde Splügen GR, wonach vor allem die auswärts wohnenden Bürger (welche die Fusion nicht unmittelbar mitbekommen haben) Probleme mit Verlust von Heimat/Identität hätten.

Ergänzungsfrage zu Frage 2.1:
Verlust von Heimat/ Identität ist ein besonderes Problem für ...

(Mehrfachantworten, absolute Werte)
12   die stark integrierten Einwohner (z.B. aktiv in Vereinen)
19   die "(Orts-)Bürger"
27   die älteren Einwohner (ab 50 Jahren)
19   die Einwohner der fusionierten Kleingemeinden bzw. dezentralen Gemeinden ("Randgemeinden")

(Anmerkung P.S.: Wer meint, dass sich die Emotionen nach der Fusion schnell legen würden, täuscht sich.
Hier noch ein Ergebnis:)

Frage 1.1:
Das Thema Fusion verliert -zumindest in der Wahrnehmung der Bevölkerung -nach der Inkraftsetzung rasch an Bedeutung.
60%   Ja, diese Aussage stimmt auch für unsere Gemeinde!
29%   Diese Aussage stimmt für unsere Gemeinde nur teilweise!
11%   Nein, diese Aussage stimmt nicht für unsere Gemeinde!

Für die grosse Mehrheit der Gemeinden verliert das Thema nach der Fusion rasch ganz (60 Prozent) bzw. teilweise (29 Prozent) an Bedeutung. Nur 11 Prozent der Gemeinden sind der Meinung, dass die Aussage nicht zutrifft (Abb. 4).

Es zeigt sich, dass alle grossen Gemeinden dieser Aussage zustimmen. Aber auch bei Kleingemeinden beträgt die Zustimmungsquote 50 Prozent.

(Aufgeschlüsselt nach Gemeindegrösse zeigt sich ein etwas anderes Bild:)

Grosse Gemeinden über mit über 5000 Einwohnerinnen:
100% Ja, diese Aussage stimmt auch für unsere Gemeinde!

Mittelgrosse Gemeinden mit 1000 bis 5000 Einwohnerinnen:
60%   Ja, diese Aussage stimmt auch für unsere Gemeinde!
27%   Diese Aussage stimmt für unsere Gemeinde nur teilweise!
13%   Nein, diese Aussage stimmt nicht für unsere Gemeinde!

Kleine Gemeinden bis 1000 Einwohnerinnen:
50%   Ja, diese Aussage stimmt auch für unsere Gemeinde!
40%   Diese Aussage stimmt für unsere Gemeinde nur teilweise!
10%   Nein, diese Aussage stimmt nicht für unsere Gemeinde!

In der Begründung wird darauf hingewiesen, dass sich für viele Einwohnerinnen und Einwohner gar nichts verändert hat (z.B. Dienstleistungen Administration, Steuerfuss etc.). Sofern die kommunalen Dienstleistungen reibungslos funktionieren, gäbe es keine Probleme. Zudem wird angeführt, dass neue kommunale Projekte motivierend wirken würden und eine neue Dynamik entstehen könne. Einige wenige Gemeinden erwähnen, dass insbesondere in kleinen Gemeindeteilen nach wie vor alles mit früher verglichen werde. Im Falle von Problemen sei die Begründung „Fusion“ rasch zur Hand.

Einschränkungen dieser Ergebnisse:
Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass der aktuelle Gemeindepräsident als (primärer) Adressat des Fragebogens die Situation seiner Gemeinde tendenziell positiv bewertet.

#11 Re: Allgemein » Identität » 08.06.2016 11:43:40

Identität aus 'wissenschaftlicher' Sicht.

In dieser Arbeit wird bestehende Literatur zusammengefasst, und mit Interviews mit direkt und indirekt Betroffenen der Region Surselva aufbereitet. Einzelne Aussagen sind wahre Trouvaillen.

https://www.ap-pahud.ch/wp-content/uploads/2015/04/Gemeindefusion-Surselva.pdf, Seite 21


Lokale Identität

Das Leben in der Nachbarschaft, mit Freunden und Verwandten, ist einer der sozialen Kontexte, in denen lokale Identität hergestellt wird. Lokale Identität basiert nicht nur auf räumlich eingegrenzten Mustern, sondern ebenso in der Einbindung in komplexe kulturelle Prozesse. Bezeichnenderweise werden lokale kulturelle Besonderheiten durch die Anwesenheit Aussenstehender als solche nachhaltig reflektiert. Diese Reflexion führt zu einer Verteidigung des Eigenen, oft durch eine Polarisierung der Standpunkte, und wirkt damit als die Identität stützend. Im Diskurs werden die lokalen Traditionen abgegrenzt, mit Werten besetzt und als Besonderheit definiert.

Die lokale Identität stellt eine komplizierte soziokulturelle und sozialpsychologische Erscheinung dar. Die Herausbildung geschieht unter dem Einfluss einer Vielzahl von Faktoren. Eine bedeutende ist die Vorstellung über den Zustand jener lokalen Gemeinschaft, in der sich der Mensch ständig aufhält und mit der er sich in dem einen oder anderen Mass identifiziert. Nicht weniger wichtig sind die lokale historische Erinnerung, die Werturteile über eine Gruppe, ihr soziokulturelles Milieu und ihre natürliche Umwelt.

Der Einfluss der lokalen Identität

Die lokale Identität hat einen grossen Einfluss auf die Bereitschaft zu fusionieren. Je stärker sie ausgebildet ist, desto schwieriger sind Zusammenschlüsse umzusetzen. Oder, anders gesagt: Wenn die lokale Identität unterentwickelt ist, werden Gemeindefusionen zustimmend bzw. resignierend zur Kenntnis genommen. Besonders Erfolg versprechend sind Projekte, in denen bereits eine gemeinsame Identität auf der Stufe der neuen Gemeinde besteht. Dies führt so weit, dass die Fusionspartner nicht primär nach technischen Faktoren ausgewählt werden, sondern aufgrund der bestehenden gesellschaftlichen Bande.

Gemeinsame überkommunale Projekte wirken zusätzlich Identität stiftend. Vor allem im Moment des Zusammenschlusses ist es besonders wichtig, die bestehende lokale Identität – zumindest für die Übergangszeit – aufrechtzuerhalten. In ländlichen Gebieten, so z.B. besonders stark im Kanton Graubünden, haben Gemeindefusionen aufgrund der ausgeprägten lokalen Identität grössere Realisierungsschwierigkeiten. Wie kürzlich eine Umfrage in der Surselva ergab, war die Mehrzahl der Interviewpartner der Meinung, die Identität ihrer Gemeinden spiele beim Fusionsentscheid eine wichtige bis sehr wichtige Rolle.

#12 Re: Allgemein » Identität » 08.06.2016 11:41:46

Identität aus persönlicher Sicht

Wenn Sie sich jemand anderem vorstellen, was sagen Sie dann? Ich heisse Soundso. Ich bin verheiratet oder auch nicht. Habe Kinder oder auch nicht. Und dann ... sagen Sie „ich wohne in Scherz“ oder „ich komme von Scherz“? Was trifft auf Sie zu?
Mit solchen Fragen versuchen Soziologen bei Gemeindefusionen das, was als lokale Identität bezeichnet wird, festzumachen. Dass ich meine Adresse behalten darf, trifft es nicht; ein Teil meiner Identität soll aufgelöst werden. Das ist pures Bauchgefühl. Diese Identität macht sich indirekt bemerkbar. Deshalb heisst es UNSER Laden, UNSERE Schule, UNSER Brötliexamen.

Wie lange jemand an einem Ort wohnt ist ein weiterer Indikator für diese lokale Identität. Ich habe mir erlaubt, unter den älteren Kindern eine kleine Umfrage zu starten. Ich habe ihnen erklärt, dass nach einem Zusammenschluss Scherz so etwas wie der Rüchlig sein würde. Das Wappen und die Ortstafel würden bleiben, aber die Gemeinde hiesse dann Lupfig. Mit 13 zu vier Stimmen waren die Kinder gegen einen Zusammenschluss.

Der freiwillige und unentgeltliche Einsatz, der in unserer Gemeinde geleistet wird, wird genährt von lokaler Identität. Hatten wir je einen Mangel an freiwilligen Helferinnen und Helfern? Das ist nur möglich, weil wir uns mit unserer Gemeinde identifizieren und im gleichen Zug diese Identität wieder aufbauen.

Bei allem, wo der Bauch voll dahintersteht und das Herz daran hängt, wird grosser Einsatz geleistet werden. Bei den Scherzerinnen und Scherzern ist noch viel Bauch und Herz für UNSERE Gemeinde vorhanden: Hundert Personen waren am Infoabend.

#13 Allgemein » Identität » 08.06.2016 11:39:44

Stoll P.
Antworten: 3

der Zustand, dass jmd. oder etwas mit sich selbst eins ist.

#14 Re: Allgemein » 10 Gründe, die gegen eine Gemeindefusion sprechen .. » 06.06.2016 18:19:20

Habsburger schreibt: "Scherz bleibt Scherz, weil es auch Adressen, Namen und Wappen behalten kann. Wen "kratzt" es schon, dass die offizielle Ortsbezeichnung dann Lupfig lautet? Im Alltag ist das für niemanden wirklich relevant."

Für mich (mit dreihundertneunundsiebenundachzigtausend Ausrufezeichen), mindestens eine meiner Töchter, meine Schwester ... Es kratzt nicht nur, es ...
Warum? Es gehört zu unserer Identität. (Ausführlicheres später.)

#15 Re: Allgemein » Entwicklung Nettoverschuldung » 06.06.2016 18:10:08

In Scherz braucht es nur eine einzige gute Steuerzahlerin (Lottomillionärin), und wir sind saniert (unprotokollierte Äusserung von Gemeindeamman H. Vogel an der Informtionsveranstaltung vom 2. Juni 2016). In Lupfig eine grosse Firma? oder drei?
Möge uns beiden (steuerfussmässig) das Schicksal von Mägenwil erspart bleiben (http://www.aargauerzeitung.ch/aargau/kanton-aargau/wegen-moerder-muss-maegenwil-die-steuern-erhoehen-129809229).
Wir von Scherz packen das, indem wir nur das allernötigste realisieren und alles 'nice-to-have' (hübsch, wenn wir es hätten) auf die Wunschliste schreiben. Darin haben wir Übung.
Eine Obergrenze für den Steuerfuss ist in Diskussion und viel weiter nach oben kann er auch nicht. (Schwaderloch: momentan bei 126%). Auch hohe Steuerfüsse sind uns nicht fremd.

#16 Allgemein » Entwicklung Nettoverschuldung » 04.06.2016 14:38:58

Stoll P.
Antworten: 2

Die bestehende Finanzplanung zeigt aufgrund der geplanten Investitionen
folgende Entwicklung der Nettoverschuldung auf:

in CHF                       2016              2017              2018             2019              2020

Lupfig   absolut    10'343'000      10'874'000      10'936'000      12'749'000      13'963'000
           pro Kopf         4'310             4'350             4'289             4'903             5'269

Scherz  absolut     1'255'000        2'250'000        2'736'000        2'859'000       2'885'000
           pro Kopf         1'859             3'309              3'881             3'999            4'007

Quelle: http://www.lupfig.ch/upload/Bericht%20Finanzteil%202015%20neu%2031.03.2016.pdf, Seite 27

#17 Allgemein » Kommentar zum Ende der Infoveranstaltung, Lupfig 1. Juni 2016 » 01.06.2016 23:34:04

Stoll P.
Antworten: 0

Herzlichen Dank Herr Vogel, dass Sie den Vergleich des Zusammenschlusses mit einer Heirat noch genauer ausgeführt haben. Ich kann Ihnen nur zustimmen: Eine Heirat wie aus dem letzten Jahrtausend. Allein schon die verwendeten Begriffe lassen aufhorchen: Arrangiert, schöne Braut, Mitgift. Und wie im letzten Jahrtausend kommt die Braut nicht mal auf die Idee, sie könnte ihren Namen behalten wollen.
Sie weint vor der Hochzeit; manchmal bitterlich, dann, wenn keiner hinsieht. Und wie Sie sagten: Sie hätte sich eigentlich lieber für einen Besseren aufgespart.

Aber wer ist diese Person, die die Ehe arrangiert und keine Geduld hat, um auf einen besseren Bräutigam zu warten?

Es ist eben so, wie im letzten Jahrtausend: Lieber einen 'Chrampfi' heiraten, der einem ein halbwegs gesichertes Leben verspricht, als auf die grosse Liebe zu warten, die, zugegeben, vielleicht niemals auftauchen wird.

Diese Metapher war aber ja doch nur als Scherz gemeint; mindestens Herr Plüss verstand es als 'humoristische Einlage'.

Als 'trauernde Angehörige' der Braut ist mir aufgefallen, dass sich nur rund 60 Personen um die Hochzeit des Bräutigams scheren, und ich erinnerte mich an ein Votum, wonach mit zunehmender Grösse einer Gemeinde die Verantwortung ebenfalls zunehmend abgegeben und die demokratischen Mitwirkungsrechte weniger wahrgenommen werden.
Die heutige Veranstaltung in Lupfig war zwar noch kein Beweis, aber vielleicht doch ein Indiz genau dafür.

#18 Allgemein » Schöne Worte Teil 3: Schule » 28.05.2016 14:29:36

Stoll P.
Antworten: 1

AZ vom 15.1.2016: «Die Schule in Lupfig platzt aus allen Nähten. Statt in Lupfig anzubauen, mache es Sinn, den Schulstandort Scherz beizubehalten und die Kinder nicht zu mischen, betonten Gemeindeammann Richard Plüss aus Lupfig und Gemeinderat Roland Bodenmanne aus Scherz.» (www.aargauerzeitung.ch/aargau/brugg/fusion-scherz-lupfig-drum-pruefe-wer-sich-ewig-bindet-129988819)

Keine drei Monate später:

AZ vom 31.3.2016: «Wir Lupfiger müssten nicht in den kommenden Jahren in den Schulraum investieren, weil bei einer Fusion in Scherz dank Umzugs der Gemeindeverwaltung Schulraum frei würde.»
(www.aargauerzeitung.ch/aargau/brugg/rueckzahlung-von-12-millionen-franken-lupfigs-finanzen-geraten-in-schraeglage-130168071)

#19 Allgemein » Schöne Worte Teil 2: Wappen und Namen / Mitarbeit der Bevölkerung » 28.05.2016 14:27:31

Stoll P.
Antworten: 2

Um den Fusionsvertrag vorzubereiten wurde eine Projektgruppe eingesetzt: Die beiden Gemeindeammänner, 32 Personen aus Lupfig und 29 Personen aus Scherz.
Die Art der Zusammenarbeit wird auf dieser Webseite so beschrieben: «Nun werden bis Ende 2015 sieben Arbeitsgruppen, begleitet von einem externen Fachmann, die verschiedenen Themen des Zusammenschlusses erörtern und in einem Bericht die mutmasslich optimale Struktur und Organisation der künftigen zusammengeschlossenen Gemeinde skizzieren.
Die beiden Gemeinderäte werden anschliessend darüber befinden und bei positivem Entscheid die Botschaften an die beiden Gemeindeversammlungen vom Sommer 2016 und den Zusammenschlussvertrag verfassen.»

Bei Beginn der Arbeit war bezüglich Namen und Wappen noch alles offen. Weshalb sonst hätte man einen Heraldiker als Berater hinzuziehen sollen?

Im Bericht auf dieser Webseite zum Workshop 2 vom 28. April 2015 in Lupfig steht noch nichts über Gemeindename oder Wappen.

Nach Workshop 3 vom 22. Juni 2015 in Scherz ist noch einiges offen:
«Namen/Wappen:
Nach dem Zusammenschluss wird es zwei Dörfer und eine gemeinsame politische Gemeinde geben. Die beiden Dörfer Lupfig und Scherz werden nach Meinung der Arbeitsgruppe ihre Namen, Wappen und Postleitzahlen – und damit auch ihre Strassennamen - behalten.
Für die politische Gemeinde ist Wappen und Namen zu definieren. Die Meinungen gingen in der Arbeitsgruppe auseinander und es wurde lebhaft diskutiert. Lediglich für die Gestaltung eines neuen Wappens für die gemeinsame politische Gemeinde (und gegen die Übernahme des bisherigen Wappens von Lupfig) ergab sich eine Mehrheit. Bezüglich des Namens kommen gemäss Arbeitsgruppe sowohl „Lupfig“ als auch „Lupfig-Scherz“ in Frage.» (Bericht auf dieser Webseite)

Im Workshop 4 vom 17. August 2015 in Scherz:
«Namen/Wappen:
Die Frage nach dem Wappen und dem Namen der künftigen politischen Gemeinde wurde nicht wieder aufgenommen. Einigkeit besteht aber darüber, dass es auch nach dem Zusammenschluss zwei Dörfer mit je bisherigem Wappen, Namen und Postleitzahl geben wird.» (Bericht auf dieser Webseite)

Auf einmal wurde laut, Lupfig bestehe für die neue Gemeinde auf dem Namen Lupfig und dessen Wappen, ansonsten es nicht zu einem Zusammenschluss kommen würde.

Am Infoanlass vom 13. Januar 2016 schliesslich wurde berichtet, man hätte sich in der Arbeitsgruppe auf den Namen und das Wappen von Lupfig geeinigt.

Wie war es denn wirklich?

«Beide Gemeinderäte von Lupfig und Scherz verpflichten sich, den komplexen Prozess des Zusammenschlusses völlig offen und im intensiven Austausch mit den Bevölkerungen der beiden Gemeinden zu gestalten.» (www.zusammenschluss-lupfig-scherz.ch)

#20 Allgemein » Schöne Worte Teil 1: Fusion/Zusammenschluss/Übernahme/Einverleibung » 28.05.2016 14:24:10

Stoll P.
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Am Anfang war es noch eine Fusion. Fusion: Vereinigung, Verschmelzung, Zusammenlegung; (Wirtschaft) Merger [of Equals]. Man einigte sich darauf es zu versuchen.

So richtig verschmelzen wollte man wohl nicht. Die allfällige Fusion wurde in ‚Zusammenschluss‘ umgetauft. Zusammenschluss: Allianz, Bund, Bündnis, Föderation, Koalition, Pakt, Union, Verbindung.

In fusions- bzw. zusammenschluss-skeptischen Kreisen tauchten bald weitere Begriffe auf: Übernahme (Abnahme, Aneignung, Annahme, Anschluss, Antritt, Empfang, Rezeption); aber auch Einverleibung (Aneignung, Annektierung, Anschluss, Aufnahme, Diebstahl, Raub).

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